„Mach keinen Tinnef!“ – das bekam ich als Kind zu hören. Selten, aber es kam vor. Während andere keinen Unsinn, Mist oder Quatsch anstellen sollten, war es bei mir Tinnef. Wenn ich anne Bude oder auffe Kirmes mein Herz an unnützen Kleinkram verlor, hörte ich wieder „Was willst du mit dem Tinnef!“. Wenn jemand gelogen hat oder verbale Fantastereien von sich gab, hieß es: „Red keinen Tinnef!“
Tinnef: Bedeutung
Es gibt es also drei Arten Tinnef!
Was ist Tinnef denn nun?
Ein paar Beispiele:
Tinnef 1
Unnützer Tand, Tüddelkram, Krimskrams, Gelumpe, Gerümpel, Ramsch, Plunder, Pillepalle, Gedöns, Gerümpel, Kram, wertloses Zeug, Geraffel, Killefit/Killefitt, Kladderadatsch, Klimbim, Klumpatsch, Klüngel, Krempel, Plörren, Schamorres, Trödelkram, Firlefanz, Pipifax
Tinnef 2
Blödsinn, Humbug, Unfug, Unsinn, Kokolores, Mist, Blödsinn, Quatsch
Tinnef 3
Nonsens, dummes Gerede, Bockmist, Lügengeschichten, Gefasel, Kappes, Papperlapapp, Mumpitz, Quatsch mit Soße, Schmonzes, Schwachsinn, geistiger Durchfall/Dünnschiss, dummes Zeug
Tinnef: Etymologie
Woher kommt Tinnef?
Tinnef kommt aus dem Aramäischen bzw. Hebräischen, wo „ṭinnūf“ Schmutz und Kot bedeutet, und aus dem Jiddischen, wo „tinneph“ auch Kot, Schmutz und Unflat (Ein besonders schönes Wort, oder?) bedeutet. Von dort gelangte Tinnef in die Gaunersprache, das Rotwelsche, wo es „tinef“ oder auch „Dinnef(f)“ lautete und Dreck, Schund und Kot bedeutete. Jemand, der „tinef ist“ war verurteilt und überführt.
Auch in der Literatur gab es Tinnef: Lessing kannte keinen Tinnef, aber eine Sottise. Natürlich kannte auch Goethe Sottisen: „Nicht jeder, mein Allerbester,“ erwiderte Goethe, „ist für das große Los gemacht. Glauben Sie denn, daß ich die Sottise begangen haben würde, auf eine Niete zu fallen?“ Die große Zeit der Sottise im Deutschen war zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert – schade eigentlich, dass sie vorbei ist.
Im 19. Jahrhundert kam der Tinnef in die Kaufmannssprache und stand für minderwertige, schlechten Waren, also Ladenhüter, die sich mäßig bis kaum verkaufen ließen. Tinnef eben.
Zurück zu mir: Ich dachte lange, Tinnef wäre Ruhrdeutsch und im restlichen deutschsprachigen Raum unbekannt. Pustekuchen! Mit dem Ruhrgebiet hat Tinnef wenig zu tun.
Und die Bedeutung? Ich denke, wir können uns auf die Bedeutung Schund für alle Arten von Tinnef einigen. Oder ihr sucht euch anderes Wort aus! Oder kennt noch ein ganz anderes!
Exkurs: Tinnef in anderen Sprachen
Ich wäre nicht ich, würde ich mich nicht auch in anderen Sprachen umschauen. Das habe ich getan und fühle ich mich sehr gut unterhalten:
In Italienischen ist der Tinnef „il ciarpame“, „la scemenza“, „la sciocchezza“ und „la paccottiglia“ – klingt doch wunderbar! Ein Beispielsatz: „Che cosa me ne faccio di tutto questo ciarpame?“
Im Französischen habe ich „la camelote“, „le toc“ und „bric-à-brac“ gefunden, was wiederum von „à bricq et à bracq“ aus dem 16. Jahrhundert stammt. Woher das kommt, weiß niemand so genau, lediglich, dass es lautmalerisch ist.
Von dort ist um 1840 nach England gewandert und wurde zu „bric-a-brac“, wobei der englische Tinnef den Beigeschmack von etwas, das liebgewonnen, schön, alt oder merkwürdig ist, bekommen hat. Das Englische kennt natürlich auch viele weitere Ausdrücke: „rubbish“, „junk“, „brickety-brack“, „knick-knacks“, „trinket“, „hodgepodge“ oder „mishmash“.
Quellen: