Jeder von uns hat Schwächen, korrekte Rechtschreibung und Grammatik sind nicht jedem gegeben. Macht ja auch nichts, eigentlich, denn ein Text, der vor Fehlern nur so strotzt, macht keinen guten Eindruck. Privat werden Sie sicher ein Auge zudrücken, aber beruflich? Im Geschäftsbereich? Nun, da sieht die Sache schon anders aus. Wem sprechen Sie Kompetenz zu? Wem vertrauen Sie? Na, eben, Fehlerfreiheit hilft beim berüchtigten ersten Eindruck oder anders: Wer richtig schreibt, der bleibt.
Ein Problemfall ist der Doppelpunkt. Die beiden unschuldigen, vielleicht zu unscheinbaren Punkte, die auch noch übereinanderstehen. Welchen Sinn mögen sie haben? Vom Nutzen ganz zu schweigen. Und wie verwende ich ihn? Und wenn, dann groß oder klein? Vielleicht liegt es daran, dass der Doppelpunkt ausstirbt und immer seltener genutzt wird? Weil kaum noch jemand weiß, warum es ihn gibt. Fragen über Fragen, mit denen Sie sich beschäftigen können.
Sinn, Zweck, Nutzen und Eigenschaften des Doppelpunkts
Der Doppelpunkt wurde früher auch Kolon genannt, auch wenn er eigentlich ein Dikolon ist. Nein, das hat nichts mit der anatomischen Bezeichnung Ihres Grimmdarms (Ja, sowas haben Sie wirklich!) zu tun. In der antiken Metrik und Rhetorik war das Kolon eine auf der Atempause beruhende rhythmische Sprecheinheit in Vers und Prosa. Und genau da sind wir auf dem richtigen Weg, denn ursprünglich trennte der Doppelpunkt, als eine Art Lesehilfe, Wörter und Worte voneinander und markierte größere Texteinheiten und -abschnitte. Wo er früher trennte und das Lesen und Vortragen von Texten vereinfachte, kündigt er heute an und verbindet.
Der Doppelpunkt ist ein Ankündigungszeichen, eine Art Fanfarenstoß, ein Trommelwirbel oder, wie schon in der Antike, eine Atempause. Das heißt: Setzen Sie einen Doppelpunkt, wenn Sie Dynamik in einen Text bringen wollen. Oder wenn Sie etwas zusammenfassen oder verbinden möchten, eine Schlussfolgerung ziehen, Informationen verbreiten wollen oder auf etwas hinweisen möchten. Denn mit dem Doppelpunkt setzen Sie ein Zeichen nach dem Motto: Hoppla, jetzt geht es los! Achtung, nun wird es wichtig!
Groß- oder Kleinschreibung nach dem Doppelpunkt
Schreiben Sie nach dem Doppelpunkt groß oder klein weiter? Das kommt darauf an! Es gibt genau drei Regeln, die Sie sich dazu merken können. Quasi als Eselsbrücken oder Merksätze. Sie schreiben nach einem Doppelpunkt groß, wenn
- ein kompletter, vollständiger Satz folgt;
- direkte Rede, ein Zitat, eine Aussage, eine wörtlich wiedergegebene Äußerung, Textstelle oder ein Gedanke folgen;
- Substantive, Eigennamen, Erläuterungen, (echte) Titel, Zusammenfassungen, Schlussfolgerungen oder Aufzählungen folgen.
Wenn keine der genannten Regeln passt, wackelt und greift, dann schreiben Sie nach dem Doppelpunkt klein weiter. Immer.
Sie möchten Beispiele, oder? Dann machen wir das:
Sie denkt sich: Na endlich! Er meinte: „Ach, das wird schon.“
Man nehme: dreimal täglich 10 Tropfen in Wasser aufgelöst.
Das neu erschienene Buch: Wie Sie den Doppelpunkt korrekt und richtig verwenden
Autor: Barbara Piontek
Voraussichtliches Ende: ca. 18 Uhr
Wie man so schön sagt: Ende gut, alles gut.
Folgende Menüpunkte stehen zur Verfügung: Intro, Weiterleitung und Impressum
Was ich noch zu erledigen habe: kurzes Intro, kleine Weiterleitung, aber großes Impressum
Zutaten: frische Eier, warme Milch, gesiebtes Mehl
Typografie und Doppelpunkt
Dem Doppelpunkt folgt in der deutschen Sprache ein Leerzeichen — also, vor dem Doppelpunkt kommt keines, aber dahinter immer. Sie können machen, was Sie wollen, aber vergessen Sie bitte nicht: Leerzeichen nach dem Doppelpunkt. Es folgen Beispiele:
Das Spiel dauerte 2:45:21 h.
Der Termin ist um 14:30 Uhr.
Sie haben es gemerkt, oder? Dem Doppelpunkt bei Uhrzeiten und Zeitangaben folgt kein Leerzeichen. Nicht davor und auch nicht danach. Niemals. Wenn Sie Zahlen, Ziffern und Wörter verbinden, also einen Doppelpunkt mit einem Wort verbinden, dann verwenden Sie keine Leerzeichen. Beispiele sind:
3:5-Dosierung, 1:1-Umsetzung, 4:9-Darstellung usw.
Anders ist es, wenn Sie Verhältnisse mit einem Doppelpunkt kennzeichnen wollen:
Es gilt der Maßstab 1 : 200.000.
Das Mischungsverhältnis beträgt 1 : 5.
Sie sehen, in dem Fall kommt vor und nach dem Doppelpunkt ein Leerzeichen. Gleiches gilt für Sportergebnisse: Hintertupfing hat 3 : 4 gegen Posemuckel gewonnen. Vor und nach dem Doppelpunkt kommt ein Leerzeichen. (Eigentlich setzen Sie hier kein übliches Leerzeichen, sondern ein schmales, geschütztes Leerzeichen, das Sie in den Sonderzeichen finden.)
Sonderfall Werbung und Überschriften
Ich schreibe Werbetexte, überarbeite Werbesprache und liebe Werbelektorat, daher glauben Sie mir: Die Werbung verwendet Doppelpunkte völlig inflationär! Sie übertreiben es schamlos, maßlos und übermäßig — und nehmen ihm damit seinen Sinn, Nutzen und seine Dynamik. Verwenden Sie den Doppelpunkt besser gezielt und sparsam. Das gilt allerdings auch für Ausrufe- und Fragezeichen — eines genügt völlig, alles andere ist dämlich.
In der Werbung sieht es allzu oft anderes aus: Der Doppelpunkt beendet keinen Satz, er ist ein Satzmittezeichen, dem etwas folgt. Danach kommt immer etwas. Immer. Im besten Fall eine wichtige Aussage, ein Aufruf, eine Zusammenfassung. Dementsprechend ist es unsinnig, ihn am Ende eines Titels oder einer Überschrift zu setzen. Beide, Überschrift und Titel, werden doch fast immer grafisch so gestaltet, dass Sie ganz klar und eindeutig als Titel und Überschrift zu erkennen sind, niemand braucht an dieser Stelle einen Doppelpunkt — das sieht doof aus und ist unsinnig.
Presse und Journalismus zeigen auch diese Tendenzen: Sie verteilen überflüssige Doppelpunkte — und verwenden danach Großschreibung, wenn Kleinschreibung korrekt wäre. Oder andersrum: Sie schreiben klein weiter, obwohl groß angebracht wäre.Das passiert übrigens auch mit dem Gedankenstrich, der ebenso oft herhalten muss — und nach dem munter groß geschrieben wird, was ebenfalls falsch ist.
Doch alles nicht ganz so einfach.